Hi! Ich hab mal eine Frage an euch: Wer von euch hat schon mal etwas von „Ableismus“ gehört? Ich vermute nicht viele.
Was bedeutet Ableismus?
Hier meine Definition: Ableismus, kurz gesagt, ist die Ausgrenzung und Ablehnung von Menschen mit Behinderungen. Ein Ableist ist jemand, der Menschen mit Behinderungen feindlich gegenübersteht. Wenn ihr so wollt, ist es quasi ein Äquivalent von Rassismus, aber eben bezogen auf behinderte Menschen.
Weshalb schreibe ich jetzt darüber? Nun, es ist zwar in gewisser Weise traurig, aber Worte wie Rassismus oder Sexismus sind wohl jedem bekannt. Ich möchte hierbei betonen, dass ich es scheußlich finde, dass es so viele Fälle von Rassismus oder Sexismus in unserer Gesellschaft immer noch gibt, obwohl es mittlerweile wohl bekannt ist, dass weder ein Geschlecht besser als ein anderes ist, noch eine Hautfarbe besser als eine andere. Dies sind Fakten.
Warum ist Ableismus unbekannt?
Deswegen möchte ich den Vergleich zwischen Ableismus und den anderen -ismen jetzt gerne beenden. Aber die Frage liegt für mich jetzt auf der Hand: Warum kennt niemand den Ableismus? Wieso nur ich? Einige mögen sich jetzt sagen, dass sie den Begriff ja auch schon kannten, aber ich denke, ihr stimmt mit mir darüber ein, dass zumindest sehr wenige davon schon gehört haben, auch in eurem Umfeld.
Warum also? Gibt es einfach kaum Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung? Ist es Leuten egal, wenn Menschen mit Behinderung ausgegrenzt werden? Oder wurde bzw. wird einfach nicht genug darauf aufmerksam gemacht?
Ich denke, es ist Letzteres. Zu sagen, Menschen würden sich nicht darum kümmern, wäre einfach falsch, denke ich. Viele Menschen kümmern sich sehr wohl gerade um Schwächere, wie eben zumindest ich mich mit meiner Behinderung schon sehen würde. Auf einer körperlichen Ebene zumindest bin ich nun mal schwächer als Leute ohne Hemiparese oder Vergleichbares. Sich selbst auf einer geistigen Ebene einzuordnen möchte ich mir nicht anmaßen.
Das Zuerstgenannte, dass es eben diese Art der Ausgrenzung nicht oft gäbe, finde ich schwierig. Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus habe ich gelernt, für mich zwischen zwei Arten von Diskriminierung zu unterscheiden: der Aktiven und der Passiven.
Definition von aktiver und passiver Ausgrenzung
Was ist, zumindest nach meiner Empfindung, aktive und passive Diskriminierung? Aktive Diskriminierung ist die Art, an die die meisten wohl denken, wenn sie an Ausgrenzung denken. Das ist, wenn irgendein Arschloch dich anspricht und dich beleidigt, mobbt, oder was auch immer für schlimme Dinge mit dir eben aus einer rassistischen, sexistischen oder ähnlich bescheuerten und dummen Motivation tut. Diese schlimmen Erfahrungen „kategorisiere“ – und ich hasse dieses Wort an dieser Stelle – ich als aktive Diskriminierung.
Passive Diskriminierung ist eine, die glaube ich vor allem Menschen mit Behinderung erfahren. Einfaches Beispiel: Du sitzt im Rollstuhl und willst eben einen Zug erreichen. In der Bahnhofunterführung stellst du dann fest, dass es keinen Aufzug gibt, der dich an das Gleis bringt, an dem dein Zug fährt. Du verpasst den Zug und kannst vielleicht einen wichtigen Termin nicht wahrnehmen. Diese Form der Ausgrenzung geschieht oft nicht aus bösartiger Absicht. Irgendwer in zentraler Position hat nur einfach mal wieder geschlafen und nicht nachgedacht.
Ein anderes Beispiel wäre: Bei dir in der Klasse gibt es einen Schüler mit Hemiparese, dem handwerkliche Tätigkeiten schwerfallen. Dein Klassenlehrer meint jetzt, es wäre grandiose Idee für einen Klassentag, Blumenkästen zu bauen. Mal abgesehen davon, dass die Idee wohl niemandem außer ein paar anstrebenden Gärtner*innen und Architekt*innen in deiner Klasse gefällt, ist das auch eine Form der Ausgrenzung. Nicht bösartig, der Lehrer will einfach etwas machen, was ihm gefällt und die Klasse ist ihm schnurzpiepegal. Er hat ja eh die Autorität.
Meine Erfahrungen mit Diskriminierung
Sich jetzt darüber auszulassen, ob aktive oder passive Diskriminierung schlimmer ist, ist nicht meine Aufgabe. Ich denke, dass die Aktive oft schlimmer ist, sie verletzt denke ich öfter Menschen. Und das ist auch einer der Gründe, zumindest meiner Meinung nach, warum Ableismus nicht so bekannt ist.
Ja, auch ich habe aktive Ausgrenzung erfahren. Es wurde sich schon so manches mal, oft von irgendwelchen Klassenkameraden, besonders in unteren Klassenstufen, über meine Hemiparese lustig gemacht. Ich habe schon ein paar Sprüche abbekommen oder Leute haben mit mir geredet, als ob ich ein Kleinkind wäre.
Aber viel häufiger trat Letzteres auf. Ich konnte bei bestimmten Veranstaltungen nicht mitmachen, weil die für einen mit Hemiparese zu schwierig oder zu belastend sind. Andere sind bei gemeinsamen Wanderungen mir förmlich weggerannt, weil ich zu langsam war. Die Geschichte mit der Treppe habe ich ja schon erzählt.
Ein schlafendes Problem
Passive Ausgrenzung fällt nicht so stark auf. Das ist es, denke ich zumindest. Deswegen ist der Ableismus so unbekannt. Und deswegen möchte ich mich dafür einsetzen, dass dies nicht so bleibt.
Ich möchte keinesfalls Formen der Ausgrenzung „ranken“. Sagen, welche schlimmer und welche weniger schlimm sind. Ich denke, sie sind alle gleichermaßen zu verabscheuen, und ganz persönlich denke ich, dass Menschen, die diese aktiv verbreiten und ausüben, genauso zu verabscheuen sind. Der Ableismus ist eine davon. Und ich denke, dass darüber auch geredet werden sollte.
Danke, das ihr diesen Text bis zum Ende durchgelesen habt. Dies soll keine Anklage sein, höchstens ein Appell. Es ist keine Person irgendetwas schuldig, wenn sie nicht immer über den Ableismus nachdenkt. Ich hoffe nur, dass zumindest etwas darüber nachgedacht wird.
Ich wünsche euch einen wunderschönen Tag und hoffe, dass ihr noch nie „Opfer des Ableismus“ ward, oder irgendeines anderen –ismus oder einer -phobie.