Hi! Werden die Titel nicht immer besser? Nun, wie auch immer… Diesmal geht es um Sport. Genauer gesagt: Schulsport. Ich nehme an, ihr alle habt oder hattet ihn. Einige von euch mögen ihn geliebt haben, andere eher nicht so sehr. Ich vertrete letztere Ansicht. Und hier möchte ich euch erklären, warum das so ist.
Sportunterricht in Deutschland
Sport ist ein Schulfach, dass du normalerweise von der ersten bis zur letzten Klasse hast. Meiner Erfahrung nach soll der Sportunterricht einige Dinge erreichen: Er soll die Schüler*innen dazu kriegen, sich zu bewegen. Er soll ihren Wettkampfgeist schulen. Und auch ihr Gemeinschaftsgefühl. Und Deutschland ist eines der wenigen Länder, in denen er benotet wird.
Das deutsche Schulsystem stammt in vielen Teilen noch aus der militaristischen Gesellschaft des alten Preußen. Und dem Sportunterricht merkt man dieses alter mit am meisten an.
Kurz zur Klarstellung: Ich rede hier vor allem über den gymnasialen Sportunterricht ab der fünften Klassenstufe. Meine Erinnerungen sind zu lückenhaft, um hierbei über die Grundschule zu berichten, Haupt- und Realschulen habe ich nie betreten. Zudem werden die Schulen ja von den 16 Bundesländern separat organisiert, dass bedeutet, dass meine Erkenntnisse sich hauptsächlich auf das niedersächsische System beziehen. Und eben auf das Gymnasium, an dem ich unterrichtet werde.
Der Sportunterricht in meiner Schule ist in verschiedene Sektionen unterteilt. Diese haben alle eine unterschiedlich lange Dauer und befassen sich mit jeweils einer Sportart oder etwas ähnlichem. Eine Stunde wiederum beginnt meist mit einer Aufwärmphase aus verschiedenen Spielen, woraufhin eine Lektion zum aktuellen Thema folgt.
Notenvergabe im Sportunterricht
Zum Abschluss einer Sektion gibt es meist entweder eine Prüfung oder Gruppen müssen nach einander eine vorbereitete „Kür“ aufführen. Dann erfolgt die Benotung. Der Durchschnitt der Noten für die einzelnen Sektionen innerhalb eines Semesters bzw. Jahres bestimmt die Endnote.
So viel zur Einführung. Das war jetzt ziemlich viel, ist aber essentiell, um alles Folgende zu verstehen, da ich auch in weiteren Artikeln das Thema noch tiefgehender behandeln werde.
Was aber ist das Problem mit dem Sportunterricht in Bezug auf behinderte Personen? Nun, es gibt mehrere. Zudem sollte gesagt sein, dass es hierbei vornehmlich um Personen geht, die wie ich unter einer körperlichen Behinderung leiden, nicht um Personen mit einer geistigen, da ich mein Beispiel nicht repräsentativ genug für diese Personen finde.
Man könnte auch würfeln…
Das Problem, welches ich heute aufgreifen möchte, ist sehr zentral und ich denke auch einfach zu verstehen: Es ist die Benotung. Wie im Sportunterricht eine Note zusammenkommt, ist generell sehr seltsam und undurchsichtig. Es soll, soweit ich weiß, die Fähigkeit der Zusammenarbeit mit der Gruppe sowie die Motivation bewertet werden. Eben, wie viel Mühe du dir gibst.
Worauf es meiner Erfahrung nach hinausläuft: Wer talentiert ist, kriegt gute Noten, wer nicht talentiert ist, eben nicht. Das an sich ist schon ein anzweifelbares System, noch schwieriger wird es, wenn Behinderungen ins Spiel kommen.
Denn: Wer eine Behinderung hat, wird nicht aufgrund anderer Kategorien bewertet. Jetzt ließe sich argumentieren, dass dies ja kein Problem sei, weil es ja darum ginge, wie sehr sich jemand Mühe gibt, ABER: Niemand überprüft den, der überprüft. Es ist nicht einsehbar, nach welchen Kategorien eine Note zusammenkommt. Würde, was ich niemandem vorwerfen möchte, tatsächlich ein Sportlehrer einfach die Noten erwürfeln, könnte das nie nachgewiesen werden. Denn, wie viel „Mühe“ sich jemand gibt, ist verdammt subjektiv!
Das Gegenteil von Inklusion
Und wenn ich, mit meiner Hemiparese, die gleichen Leistungen erbringen soll, wie der andere in meiner Klasse, der jede Woche im Fußballverein trainiert, dann ist das alles andere als Inklusion! Ich müsste, und diese Werte sind sehr vereinfacht, sehr wahrscheinlich mindestens das doppelte an Leistung aufbringen, um auf dem sportlichen Niveau zu sein, wie mein Klassenkamerad im Fußballverein, wie er aufbringen musste, um sein Niveau zu erreichen.
„Aber woher weißt du denn, das die Lehrer das selbe Niveau erwarten, wie von ihm?“, fragen vielleicht manche jetzt zweifelnd. Nun, es gibt Tabellen. Nur eben nicht für Menschen mit Behinderungen. Und wenn, dann nur sehr wenige.
Ich nahm an einigen dieser Bewertungsstunden zum Abschluss einer Sektion Teil und erhaschte hie und dort den ein oder anderen Blick auf den Bewertungsbogen. Dieser unterteilte, soweit ich es erkannte, in zwei Kategorien: Alter und Geschlecht. Und nach dieser Unterteilung wurde die erwartete Zeit für eine bestimmte Leistung berechnet. Von Behinderungen fand ich dort nichts.
Ich bin Teil des ersten Inklusionsjahrgangs. Währe ich ein Jahr früher eingeschult worden, wäre ich nach der Grundschule auf eine Förderschule gekommen. Es ist nicht verwunderlich, dass da noch nicht alles rund läuft. Aber eine Bewertung von Menschen mit Behinderungen, als hätten sie diese nicht, und das vor allem im Sportunterricht, ist schon … interessant. Und erschreckend.
Nichts als ein Armutszeugnis
Seit der neunten Klasse habe ich keinen Sportunterricht mehr. Meine Eltern erstritten für mich nach einem besonderen Debakel im Schwimmunterricht der achten Klasse eine Sportbefreiung für mich. Im Austausch für einen Extrakurs in der Oberstufe. Ich bin darüber glücklich, nicht mehr am Sportunterricht teilnehmen zu müssen. Aber das es dazu kommen konnte, ist ein Armutszeugnis für das deutsche Schulsystem. Und zeigt, wie weit wir noch von Inklusion entfernt sind.
So viel erst einmal dazu. Ich werde gewiss in einem anderen Artikel noch einmal auf den Schwimmunterricht eingehen, aber das war erst einmal eine allgemeine Perspektive. Ich hoffe, ihr versteht meine Punkte und konntet für euch etwas daraus ziehen. Und wie immer, hoffentlich musstet ihr nie unter einer so unfairen Bewertung leiden und ich wünsche euch noch einen wundervollen Tag!